Wochenspruch
Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.
Galater 6,2
Gebet
Gott, wir danken dir, dass du uns uneingeschränkt liebst. Hilf uns, dass wir an dieser Liebe wachsen. Hilf uns, dass wir diese Liebe auch uneingeschränkt an die Menschen weitergeben können, die uns umgeben. Amen
4. Sonntag nach Trinitatis | 13. Juli 2025
Auf den Blickwinkel kommt es an...
Manchmal bin ich mit dem Fahrrad unterwegs. Und merkwürdig, an diesem Tag scheinen viele Menschen mit ihren Autos auf den Straßen unterwegs zu sein, die gefühlt kaum Rücksicht auf mich als Radfahrerin nehmen. An anderen Tagen bin ich mit dem Auto unterwegs. Und dann scheinen einige dieser rücksichtslosen Radfahrenden auf den Straßen zu sein, die kaum darüber nachdenken, dass wir nur gemeinsam eine gute Verkehrsgemeinschaft bilden können.
Ob da wirklich immer unterschiedliche Menschen unterwegs sind? Ich denke eher, dass es nicht an den anderen, sondern an mir liegt. Auf den Blickwinkel kommt es an.
Ich beurteile das Tun der anderen immer von meiner subjektiven Warte aus, die bestimmt ist davon, was bei mir gerade im Vordergrund steht. Die Psychologie erklärt es so, dass es manchmal notwendig ist; dass das kleine menschliche Gehirn manchmal vereinfachen muss, um effektiv arbeiten zu können. Und dann urteile ich in einem solchen Moment vorschnell und zeige sprichwörtlich mit dem Finger auf die, über die ich nicht groß nachdenken kann, weil ich ja auf den Verkehr achten muss und vermutlich deshalb gestresst bin. Mein Urteil sagt wesentlich mehr über mich aus, als über die, die ich beurteile. Meine Oma pflegte zu sagen: „Wenn du mit dem Finger auf jemanden zeigst, dann zeigen immer drei Finger auf dich zurück.“ Jesus drückt es anders aus: „Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr?“
Auch in den alltäglichsten Situationen sollten wir uns vor Augen führen, dass wir als Menschen stets in der Gefahr sind, uns selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Gut, dass Gott das weiß. Gut, dass er uns kennt und uns nicht nach unseren Unzulänglichkeiten beurteilt. Im Gegenteil, er liebt uns ohne Einschränkungen auch mit unseren Fehlern.
Gottes uneingeschränkte Liebe begleitet uns auch durch die schwierigsten Zeiten. Seine Barmherzigkeit trägt uns durch unser Leben. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“
Gottes unendliche Liebe möchte uns als Vorbild für unser Tun und Handeln dienen. Sie dient unserem menschlichen Miteinander, indem sie uns selbst immer wieder aus dem Mittelpunkt unseres Handelns nimmt. Das erscheint mir gerade in dieser Zeit zunehmender sozialer Kälte wichtiger denn je. Ändern wir also den Blickwinkel und packen wir es mit Gottes Hilfe getrost an.
Predigtext für den Sonntag
36Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. 37Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben.
38Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch zumessen.
39Er sagte ihnen aber auch ein Gleichnis: Kann denn ein Blinder einem Blinden den Weg weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen? 40Ein Jünger steht nicht über dem Meister; wer aber alles gelernt hat, der ist wie sein Meister.
41Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? 42Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge, danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.
Lukas 6,36–42