Wort für die Woche

Reminiscere
Aus dem Richter wird der Retter

Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich mit dem Bild vom Richter Gott, der am Ende der Zeit meine Lebensleistung und die aller anderen beurteilt, meine Probleme. Ja, ich denke auch manchmal: den oder die müsste Gott doch mal ordentlich bestrafen. Aber ist Gott so ein alter Mann mit drohendem Zeigefinger, der alles andere als freundlich ist? Möchte ich für diesen Gott auf die Kanzel gehen? Ich finde es gut, dass dieses Gottesbild im Lauf der Theologiegeschichte verloren gegangen ist. 

Wie oft wurde mit diesem Bild Menschen gedroht, wurde den Menschen Angst gemacht? „Gott sieht alles!“ wurde uns Kindern oft erklärt. Klar, dass daraus kein Vertrauen entsteht, sondern allenfalls das Bild des kontrollierenden Aufpassers. 

Müssten dann nicht die Bösen in der Welt, die mit Brutalität und Menschenverachtung regieren, mal zuerst gerichtet werden? 

Und ich? Ich gehöre doch eigentlich zu den Guten, die sich nichts Schlimmes haben zu Schulden kommen lassen. Vor Gericht stehen die anderen oder?

 

Wer an ihn, an Jesus, glaubt, der wird nicht gerichtet. Aha, dann ist ja alles gut. 

Moment! So sicher kann niemand sein. Täuschen wir uns nicht. 

Es ist wichtig, wenn wir das Unrecht in der Welt beim Namen nennen, uns dagegen einsetzen, wenn Menschen eingeschüchtert und diskriminiert werden.

Jesus zeigt uns Gott, der durchaus Unrecht bemerkt und als solches benennt, aber eben auch den Gott, der uns trägt, der Verständnis hat mit uns, die wir eben schwach werden. 

 

Keine und keiner von uns ist frei von Fehlern und kann eine reine Weste vorweisen. Seien wir ehrlich. Ich mache Fehler, das darf ich auch, denn ich bin Mensch, nicht Gott. Ich kann mir Mühe geben und wieder neu anfangen. 

 

Was Johannes uns deutlich zeigt, ist, dass Jesus nicht Mensch geworden ist, um uns mit dem drohenden Zeigefinger zu begegnen, sondern um uns zu stärken, zu retten, frei zu sprechen, Gutes über uns zu sagen (zu segnen). Er weiß, dass wir nicht immer alle Gebote erfüllen, nicht immer das Richtige tun und denken. Wir dürfen ihm - und dadurch Gott selbst – vertrauen. Mehr ist nicht nötig!

 

Jesus verlangt von uns nichts Übermenschliches, sondern einfach Vertrauen in ihn. Mit Jesus ist unsere Welt nicht noch dunkler geworden, als sie es längst war. Sie ist heller geworden, freundlicher, menschlicher. Das dürfen wir auch: freundlich sein, nichts Übermenschliches erwarten. Zu allen, die so sind wie wir – und zu den anderen auch! Wir brauchen andere nicht ständig überfordern oder mit Gottes Rache drohen.

Wer in der Finsternis bleiben möchte, bitte. Ich muss ihn nicht retten, bekehren. Wir Glaubenden und Gott Vertrauenden können Angebote machen, einladen, ihnen mit Respekt und Freundlichkeit begegnen, mehr nicht.

 

Wir sind gerettet!

Predigtext für den Sonntag

14 Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, 15 auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben. 16 Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. 17 Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde. 18 Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. 19 Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. 20 Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. 21 Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind. 

 

 

                                                                                               Johannes 3,14–21

Gebet:

Guter Gott. Du kennst uns. Du weißt, dass wir gelegentlich deine Gebote missachten, dass wir immer mal wieder schlecht über andere denken oder reden. 

Du hast dennoch Geduld mit uns. 

Lass uns mehr Geduld mit uns selbst haben und mit anderen.

Gib uns mehr Bereitschaft zum Vergeben, zum Versöhnen, zum Neuanfang.

Amen

Wochenspruch:

Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.                                                                                   Römer 5,8 

Autor:

Pfarrer Martin Gres
/ Moers

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